26 | BILDUNG sie sich respektiert und ermutigt fühlen: „Spannende Frage!“, „Das frage ich mich auch“ oder „Das ist ja interessant“ sind Sätze, die den Kindern eine wohlwol- lende und wertschätzende Haltung zeigen. Sie geben ihnen das Gefühl, dass ihre Fragen und Interessen wichtig sind. Es ist wichtig, dass sich Pädagoginnen und Pädagogen Zeit nehmen, Kinder Dinge entdecken zu lassen und sie dabei aktiv zu begleiten. Zustimmung genauso wie ein Lächeln oder ein Nicken bestärkt und unterstützt Kinder in dem, was sie tun. Es ermutigt sie, weiter zu entdecken und ihren Fragen nachzugehen. Sich am Kind orientieren Eine ko-konstruktive Lernbegleitung sollte am Kind orientiert sein. Dabei geht es darum, die vielfältigen Interessen und Fragen der Kinder zu erkennen. Stellen wir uns folgende Situation vor: Mittagessen in der Kita. Einer Erzieherin fällt auf, wie ein vierjähriges Kind konzentriert auf sein Glas blickt. Es ist vom Verhalten eines Zitronenkerns gefesselt, der im Glas immer wieder nach oben steigt und wieder heruntersinkt. Die Erzieherin kann diese Situation aufgreifen und fragen: „Was meinst du? Was ist da?“ Das Kind versucht daraufhin zu erläutern, was es sieht: „Da sind so kleine Luftbläschen dran. Sieht aus als würden die Kerne tanzen.“ Die Erzieherin fragt dann alle Kinder: „Seht ihr das auch?“ Die anderen Kinder schauen auch auf das Glas und schildern einander, was sie beobachten. Die Erzieherin hat die Zufallssituation beim Mittag- essen genutzt, um mit den Kindern ein Phänomen, das ein Kind erstaunlich fand, genau zu beobach- ten, es zu beschreiben und Vermutungen dazu zu formulieren. All das sind zentrale Kompetenzen in der MINT-Bildung. Aus dem spontanen Interesse des Kindes heraus entstand also eine Lernsituation. Sich am Kind zu orientieren, bedeutet nicht, dass päd- agogische Fachkräfte selbst keine Themen einbringen können. Im Gegenteil: Inhaltliche Impulse zu setzen, ist ein wesentlicher Aspekt in der Ko-Konstruktion. Wichtig ist aber, dass die eingebrachten Themen Anknüpfungspunkte zur Gedankenwelt der Kinder haben. So ist es eher kontraproduktiv, beim Thema „Gesunde Ernährung“ gleich die Ernährungspyramide zu zeigen und mit den Kindern besprechen zu wollen. Die Kinder zu fragen, was sie jeden Tag essen und was sie gerne mögen, ist ein besserer Einstieg in das Thema, der die Kinder in ihrem Alltag abholt. Kindorientierung bedeutet auch, dass sich Kinder nach ihren jeweiligen Möglichkeiten selbst am Geschehen, am Entdecken und Forschen beteiligen können. Wäh- rend das eine Kind mit einer Pipette Wasser in einen selbstgebauten Filter geben kann, ist es für das andere Kind eine Errungenschaft, Wasser mit einer Kelle von einem Gefäß ins nächste zu bringen. Und auch in ihren Herangehensweisen an das Forschen unterscheiden sich Kinder. Erzieherinnen und Erzieher strukturieren das Vorgehen, indem sie durch Fragen und Impulse zum Nachdenken, Ausprobieren, Beobachten oder Vergleichen anregen. Impulse lassen sich aber auch auf anderen Ebenen setzen: Wenn pädagogische Fachkräfte Kindern die Zeit oder das Material geben, um Dinge auszuprobieren, wenn sie eine Forscherecke einrichten oder mit den Kindern auf das Außengelände gehen, kann auch das handlungsanregend sein. Dialoge auf Augenhöhe gestalten Wenn Kinder gemeinsam mit anderen Kindern und Er- wachsenen entdecken und forschen, ist es zentral, dass alle sich einbringen können. Deshalb ist bei der Aus- einandersetzung mit einem Thema der Dialog wichtig. Dabei kommt es darauf an, den Kindern wortwörtlich auf ihrer Augenhöhe zu begegnen und Blickkontakt herzu- stellen. Alle Beiträge der Kinder werden als gleichwertig betrachtet und auch Kindern, die unbeteiligt wirken, sollten die Fachkräfte Gesprächsangebote machen. Geht ein Kind darauf ein, gilt das Prinzip „Inhalt vor Form wertschätzen“. Fachkräfte würdigen also jeden Beitrag eines Kindes zunächst unabhängig von sprachlichen Fehlern, um den Satz dann bestätigend aufzugreifen und korrekt zu wiederholen. Gute Dialoge haben mehrere Effekte: Sie regen die Mädchen und Jungen dazu an, sich auszutauschen, Dinge zu hinterfragen und ihre eigenen Ansichten zu begründen. Sie fördern außerdem die sprachliche Entwicklung der Kinder und ihre soziale Kompetenz. Kinder lernen im Dialog – gerade auch mit anderen Kindern – unterschiedliche Perspektiven kennen. Sie entwickeln über den ko-konstruktiven Ansatz zentrale Kompetenzen, die sie in Zukunft brauchen werden: die Fähigkeit, Fragen zu stellen, mit ande- ren zusammenzuarbeiten, Lösungen zu finden, kre- ativ zu sein und andere Perspektiven einzunehmen. Und damit gut vorbereitet den Herausforderungen im 21. Jahrhunderts zu begegnen. Die Stiftung Haus der kleinen Forscher hat ihren päd- agogischen Ansatz als Broschüre zusammengefasst und mit vielen praktischen Beispielen aus dem Kita- Alltag ergänzt. Die Broschüre gibt es als kostenfreies E-Book auf der Website der Stiftung auf: ➔ www.haus-der-kleinen-forscher.de/de/ fortbildungen/paedagogik